Liebe Besucherinnen und Besucher des „Chorweiler Abendfriedens“,
wie schön wäre es, wenn wir wie gewohnt auf dem Pariser Platz zu unserem „Chorweiler Abendfrieden“ zusammen kommen könnten! Das geht nun leider nicht!
Aber auch wenn wir uns nicht persönlich beim „Abendfrieden“ treffen und miteinander sprechen können, bleibt uns in unseren modernen Zeiten ja noch die Möglichkeit über das Internet zu kommunizieren. Eine Chance, die viele von uns zurzeit gerne und viel nutzen, auch wenn ein persönlicher Erfahrungsaustausch dadurch natürlich nicht ganz ersetzt wird. Ich bin jedenfalls sehr dankbar auf diese Weise mit Kindern und Enkelkindern, Freunden und Bekannten weiterhin Kontakt halten zu können.
Auch der „Chorweiler Abendfrieden“ muss in Corona-Zeiten dieses Medium nutzen.
Seit Mitte März leben wir nun im Ausnahmezustand, den wir eigentlich nur aus amerikanischen Katastrophenfilmen kennen und von dem wir nie geglaubt hätten, so etwas in der Realität erleben zu müssen.
Wir starren gebannt auf die aktuellen Zahlen zu den Neuinfektionen, den Todesfällen, aber auch den Genesenden. Wir lernen notgedrungen, mit medizinischen Statistiken und Fachbegriffen umzugehen. Schrecklich sind die Berichte über die Ausbreitung der Pandemie in Ländern wie Italien, Spanien, Frankreich, Großbritannien und den USA. Das ist schwer auszuhalten.
Manchmal wacht man morgens auf, die Sonne scheint, alles wirkt wie immer, dann fällt einem ein, dass alles ganz anders ist, dass wir Ausgangsbeschränkungen, Kontaktverbote und Maskenpflicht für bestimmte Bereiche des öffentlichen Lebens haben. Shutdown oder Lockdown – weitgehend alles dicht, das öffentliche Leben, wie wir es kennen, gibt es zumindest zeitweilig nicht mehr. Wie es weiter geht, bleibt offen.
Zuerst nimmt man das Herunterfahren des öffentlichen Lebens noch gelassen hin, ist froh, der Gefahr einer Corona-Virusinfektion nicht mehr unmittelbar ausgesetzt zu sein, nutzt die Zeit auch als Chance zur Erholung, zum Aufräumen, zum Luft holen. Je länger der Ausnahmezustand jedoch dauert, desto mehr Fragen stellen sich neben der Angst vor Ansteckung. Unsere Sorgen gelten der Zukunft der Wirtschaft und damit der Sicherheit
des Arbeitsplatzes, der Finanzierbarkeit, der sozialen und psychischen Auswirkungen der Pandemie.
Wir erkennen auf einmal, dass bisher häufig gering geschätzte Berufe wie Pflegekräfte oder Fachkräfte im Einzelhandel für unser gewohntes Leben viel wichtiger sind als gedacht. So sind wir denjenigen sehr dankbar, die sich an ihrem Arbeitsplatz etwa in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Geschäften darum kümmern, dass die lebensnotwendige Versorgung und Pflege weiterhin gewährleistet sind. Wir verlassen uns darauf, dass unser
Leben weitgehend gesichert weiter geht.
Für mich waren auch die Solidarität und Hilfsbereitschaft überwältigend, die überall in Deutschland bei vielen Einzelprojekten der Nachbarschaftshilfe erkennbar wurden. Auch dass es bei uns im Stadtbezirk so viele Aktivitäten etwa vom Bürgerzentrum, gemeinsam mit den Kirchen und Vereinen oder von einzelnen Gemeinden der verschiedenen Religionsgemeinschaften gibt, zeigt die Bereitschaft der Menschen sich
gegenseitig zu unterstützen.
Die gesellschaftliche Diskussion kommt nach der ersten Schockstarre wieder in Gang. Die Frage, inwieweit Lockerungen der derzeitigen Beschränkungen angebracht, notwendig oder eher gefährlich sind, wird heftig diskutiert.
Da es sich um eine bisher nie gekannte Krisensituation handelt und sich die Erkenntnisse über das Virus und den damit verbundenen Krankheitsverlauf täglich verändern und erweitern, gibt es bei den Virologen, anderen Experten aller möglichen Fachrichtungen und Politikern oft widersprüchliche Aussagen. Dies erschwert die Suche nach den passenden Handlungsoptionen, so dass wir auch zugestehen müssen, dass es manchmal zu Irrtümern auf Seiten der Verantwortlichen kommen kann, auch wenn wir gerne mehr Sicherheiten hätten.
Die Richtigkeit einer Handlungsoption stellt sich leider oft erst im Nachhinein heraus. Daher wäre es in meinen Augen gut, den Diskurs als friedlichen Dialog zu führen so wie wir das in der „Allgemeinen Chorweiler Friedenserklärung“ formuliert haben:
• dass wir einander zuhören und bereit sind einander zu vertrauen
• dass die Menschen eine gute Nachbarschaft entwickeln
• dass wir die Gefühle, Meinungen und Sorgen anderer wahrnehmen und achten
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine schöne Woche, hoffe, dass wir uns bald wieder auch persönlich zum „Chorweiler Abendfrieden“ treffen können, spätestens zur Einweihung der neu gestalteten Chorweiler Plätze, bei der auch die Platte für die Friedensglocke auf dem Pariser Platz eingeweiht werden wird.
Mit unserem neuen ernst gemeinten Gruß „Bleiben Sie/ Bleibt gesund!“ verabschiede ich mich für heute von Ihnen.
Cornelie Wittsack-Junge, Mitglied beim „Chorweiler Runden Tisch Frieden“